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Da gab es im Februar des Jahres 2008 (also lange vor der Weltfinanzkrise) zum Beispiel einen Finanzsenator in Berlin. Ja, ausgerechnet – bzw. eben gerade – von Berlin. Denn Berlin ist die deutsche Großstadt mit den meisten Hartz IV-Haushalten. 320.000 waren das Anfang des Jahres 2008. Und der Finanzsenator von Berlin, ein nett dreinschauender, schon etwas angegrauter, wohlsituierter älterer Herr von schlanker, aber derb und zäh erscheinender Statur, der möchte unbedingt seinen Haushalt sanieren, auf Teufel komm raus. Gute 60 (!) Milliarden Euro Schulden lasten zurzeit auf Berlin, und da kann man dieses Anliegen des obersten Finanzverwalters durchaus nachvollziehen. So ist Herr Sarrazin, Dr. Thilo Sarrazin, so heißt der gute Mann, Mitglied der SPD, zum Beispiel kategorisch gegen Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst. Und natürlich möchte er auch nicht, dass die öffentlichen Kassen „unnütz“ mit allen möglichen Transferleistungen belastet werden. So eben auch nicht wegen der vielen, viel zu vielen Hartz IV-Empfänger seiner Stadt.
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[Zitat von Seite 16]

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Heraus kam schließlich ein detaillierter Speiseplan „nach Hartz IV“, für einen 1-Personen-Haushalt und immerhin mit vier Mahlzeiten am Tag, neben Frühstück, Mittag- und Abendessen sogar noch mit einem „Snack“ am Nachmittag. Groß gekocht wurde dabei nicht (was Hartz IV-Haushalte vorgeblich auch nicht so gerne tun), aber warmes Essen war durchaus fester Bestandteil der „Menüfolge“, insbesondere für die mittäglichen Mahlzeiten. So waren für den einen Tag die schon erwähnten Spaghetti, Bologneser Art, vorgesehen und für die anderen Tage einmal eine (frisch zubereitete!) Gemüsesuppe, mit Fleischeinlage sogar, sowie schließlich eine (ja, nur 1) Bratwurst mit Kartoffelbrei und Sauerkraut. Der Rest, Frühstück sowieso, aber auch überwiegend die Abendessen und auch die „Snacks“, waren kalte Platte – allerdings durchaus gesund und vollwertig zusammengestellt. Dass der „Snack“ des einen Tages schlicht nur aus einem Glas Tee bestand, soll nur am Rande erwähnt sein, ist aber wohl dennoch ärgerlich.
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[Zitat von Seite 17]

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Ja, und jetzt, in Alg2, da interessiert sich niemand für Ihre bisherige Lebensleistung, weder die arbeitsmäßige, noch die intellektuelle, geschweige denn die finanzielle. Da zahlt man Ihnen Ihre Wohnung, also die Miete bzw. einen (vergleichbar hohen) Kostenzuschuss im Falle einer Eigentumswohnung. Beides natürlich nur, wenn die Wohnung „angemessen“ ist (dieser Begriff wird fortan eine zentrale Bedeutung in Ihrem Leben haben), also nach Größe und nach Kostenaufwand. Wenn Sie „Pech“ haben, wird man Sie unmissverständlich auffordern, sich eine neue, kostengünstigere Bleibe zu suchen. Dafür haben Sie dann in der Regel sechs Monate Zeit. Ach ja, und das Heizen (der Wohnung) zahlt man Ihnen auch noch; aber natürlich auch dies nur im „angemessenen“ Rahmen. Der Herr Sarrazin, Sie erinnern sich, dieser Finanzsenator von Berlin, der empfiehlt da übrigens ganz pragmatisch: Dicke Pullover anziehen!
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[Zitat von Seite 21]

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So weit die Schilderung der Lebenssituation, in die wir uns nun hineinversetzen wollen (aber vielleicht auch wirklich schon sind ...) und aus der heraus ich meinen kleinen „Selbstversuch“ dann starten möchte:
Einen ganzen Monat lang, es wird der August des Jahres 2008 sein, werde ich mich „real“ in die Welt von Hartz IV begeben (auch ein Supermarkt wird dann übrigens so heißen). Ich werde mich die ganzen 31 Tage lang den Bedingungen unterwerfen, denen ein Alg2-Empfänger alleine schon durch die Höhe des Regelsatzes seiner finanziellen Unterstützung ausgesetzt ist. Praktischerweise werde ich mich bei meinem Selbstversuch aber auf denjenigen Bereich der Lebensführung „beschränken“, der im weitesten Sinne mit Essen und Trinken zu tun hat. Genau dort verspreche ich mir – so gesehen ist ein einziger Monat keine allzu lange Zeit – einen maximalen Erfahrungsgewinn. Denn bei der Vielzahl an alltäglichen Besorgungen (auch innerhalb eines Zeitraumes von nur einem Monat), sprich bei den ständig anfallenden Einkäufen im Supermarkt, aber auch bei (hoffentlich) stattfindender „Einkehr“ in die Gastronomie, da wird sich wohl ziemlich bald eine realitätsnahe Vorstellung von einem „Leben in Hartz IV“ herausbilden – einschließlich eines zugehörigen „Lebensgefühls“.
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[Zitat von Seite 22 f.]